Was bedeutet Improvisation?
Das Wort Improvisation kommt aus dem Lateinischen und bedeutet unvorhergesehen (lat: ex improviso). Im Theater verstehen wir darunter das Stehgreifspiel oder bei einer Rede das freie Sprechen ohne Konzept.
Im Alltag – wenn etwas schiefgelaufen ist – gebrauchen wir manchmal den Satz „da habe ich improvisieren müssen“ – also man hat etwas Anderes tun müssen, als man vorhatte, um eventuell etwas Unvorhergesehenes zu überbrücken, indem wir nun augenblicklich etwas Unvorhergesehenes tun. Angenehm ist uns das meistens nicht – oder?
Wie sieht das aber in der Musik aus?
An den Universitäten, Konservatorien und Musikschulen, sei es Jazz oder andere, wird davon gesprochen „Improvisation lernen zu müssen“ (dafür gibt es eigene Fächer, Stunden).
Etwas, Unvorhergesehenes lernen?
Wie soll das gehen?
Wir werden im Improvisations-Unterricht vollgestopft mit Kadenzen, harmonischen Abfolgen, mit diversen Skalen und den Gesetzen der Harmonielehre - wehe es passieren parallele Quinten oder sonstige „no goes“.
Warum?
Weil wir, mit der „Verschulung“ der Improvisation, ihr ihren ursprünglichen Wert geraubt und ihr ihre eigentliche musikalische Kraft des augenblicklichen Ausdrucks in all seinen Facetten genommen haben.
Im Improvisations-Unterricht lernen wir möglichst perfekt Stilkopien nach harmonischen Mustern nachzuahmen und im besten Falle uns innerhalb von auswendig gelernten rhythmischen und harmonischen Patterns frei zu bewegen. Auch der Jazz ist da keine Ausnahme, denn auch hier geht es um Nachahmung der diversen Stilrichtungen und die freie Bewegung folgt bestimmten Skalen und harmonischen Mustern.
Warum fällt es uns so schwer, sich innerhalb der Welt der Töne wirklich frei zu bewegen?
Weil uns Musik spiegelt und wir gewöhnt sind, Mustern zu folgen. Wir fühlen uns nur in den Schubladen des bereits Bekannten wohl und folgen den Bewertungen von „das ist schön, das ist hässlich, das ist gut und das ist schlecht ….“
Improvisation in ihrer ursprünglichen Bedeutung spiegelt uns, unsere innere psychische Beschaffenheit und lehrt uns erneut zu spüren (uns selbst zu spüren), zu hören (in uns selbst zu hören) und zu empfinden (was für uns selbst stimmig ist und was nicht) und zu reflektieren (warum ist das für mich stimmig oder nicht).
Gemeint ist damit keinesfalls die therapeutische Lärmimprovisation mit diversen Schlaginstrumenten, Rasseln und Eintonerzeugern……
Die Improvisation auf jedem herkömmlichen Instrument, mit dem vollkommen freien Umgang innerhalb Melodie und Harmonie, spiegelt und lehrt uns den Umgang mit wahrhaftiger Freiheit.
Welchen wunderbaren Ausdruck haben parallel geführte Quinten! Nur der Kontext ist ausschlaggebend. Die reine Quint, die schon bei Platon das heilige Intervall genannt wurde, die den Goldenen Schnitt mit seinen Abbildern in der Natur spiegelt und nach der Oktave den höchsten Verschmelzungscharakter hat ……was kann sie uns spiegeln?